Bautagebuch Teil VI

Der Blick über die Baustelle an der Siegfried-Rädel-Straße gibt neue Details frei, die Zeitzeugen dafür sind, dass die Fertigstellung der Villen täglich näher rueckt: Die Terrassen der Erdgeschosswohnungen sind vollständig gefliest, das abschließende Höhenniveau wurde gerade aufgeschüttet. Die Außenstellplätze sind mit Pflastersteinen bestückt, der erste Gehweg zum Zentrum der Anlage wird ebenfalls gepflastert. Auch die verbleibenden Treppenhäuser in den Villen werden mit Fliesen ausgestattet, während die Personenaufzüge geprüft werden. Die Feininstallation der Elektriker sind abgeschlossen, in den ersten Wohnungen sind bereits Küchen eingebaut. Lang dauert es nicht mehr, bis die ersten Umzugskartons in die frisch fertiggestellten Immobilien hineingetragen werden können.

 

Uwe Hering, Tischlermeister, und André Rother, Malermeister, haben auf Baustellen öfter miteinander zu tun – nicht zuletzt, weil sie Pirnaer Familienbetriebe sind. 

 

 

Die letzten Handgriffe im Innenbereich werden von den Malergewerken und Tischlereien getätigt, die die Wände spachteln, schleifen und den Grundanstrich auftragen sowie Türen verbauen und individuelle Möbelstücke anfertigen. Das Malergeschäft Farbnuance und die Möbel- und Bautischlerei Uwe Hering haben schon öfter zeitgleich an Projekten gearbeitet, da sich die handwerklichen Prozesse beider Gewerke immer wieder überschneiden. „Bei 658 Türen, die wir in den Sandsteingärten verbauen, muss man sich mit den anderen Gewerken absprechen. Man muss genau planen, wann man in welche Wohnung kann, ohne dabei beispielsweise die Malerarbeiten zu stören, die fast immer nahezu zeitgleich stattfinden.“, erzählt Uwe Hering, Inhaber und Geschäftsführer der Tischlerei Hering. „Das Gute ist, dass das unsere Mitarbeitenden selbstständig untereinander organisieren. Deswegen ist es auch immer wieder schön, mit Farbnuance zusammenzuarbeiten – es wird sich untereinander abgesprochen und was ausgemacht wird, wird gehalten und fertig.“ 

Beide Firmen sind in Pirna ansässig und arbeiten vorwiegend an regionalen Projekten, zuletzt gemeinsam an der Baustelle auf der Mühlenstraße oder der Vogelwiese. „Wir haben den Radius, in dem wir unsere Projekte annehmen, bereits verkleinert“, erzählt Andrè Rother, Geschäftsführer der Firma Farbnuance. „Ab und an gibt es natürlich auch Projekte, die ein Stück weiter weg sind. Dennoch versuchen wir, viel in der nahen Umgebung umzusetzen.“ Neun Mitarbeitende hat der Pirnaer Unternehmer mittlerweile, der sich im Jahr 2003 selbstständig machte. „Als ich selbst noch Angestellter war, sind wir damals permanent auf der Autobahn unterwegs gewesen. Das möchte ich für unser Team anders machen.“ 

Manchmal gibt es dennoch Großaufträge, die bis ins Ausland nach Kärnten, Utrecht oder sogar Amsterdam führen. „Das bisher spannendste und schwierigste Projekt zugleich war das Grand Hotel Krasnapolsky in Amsterdam. Schwierig, weil es viele Herausforderungen gab – es wurden sehr edle, hochwertige Tapeten in kleinen, total schiefen Räumen angebracht. Und spannend, weil die Mentalität eine ganz andere ist – und es trotzdem funktioniert! Am Ende ist alles fertig und sieht super aus. Auch wenn man das nicht denkt, weil man auf eine Baustelle kommt, auf der ein riesiger Ghettoblaster steht und die Arbeitseinstellung eher dem Motto ‚Was nicht heute wird, wird vielleicht morgen‘ folgt. Umso schöner ist es, zu sehen, dass es auch so gehen kann.“

Neben den klassischen Malerarbeiten bietet Andrè Rother auch noch etwas Spezielleres an: die geobiologische Schlafplatzuntersuchung, die immer beliebter wird. „Unsere Lebenseinstellung sollte sich bei all den äußeren Einflüssen, dem Input, dem immer erreichbar und verfügbar sein, auch ein bisschen mehr in die Richtung der holländischen Lebensart bewegen, was die Entschleunigung angeht. Wir hatten noch nie eine so hohe Strahlungsbelastung, wie heutzutage. Das hat auch einen Einfluss auf unseren Organismus, der Körper muss sich irgendwie davon erholen.“ Bei der Schlafplatzuntersuchung werden die natürlichen und die technischen Störzonen analysiert und ausgewertet. Je nach Ergebnis gibt es verschiedene Methoden, um die Strahlungsbelastung zu reduzieren. „Wir bauen Anstrichgehäuse für das Bett, die Fenster können gedämpft werden, Vorhänge und Tapeten sind auch eine Möglichkeit – es gibt viele Optionen. Am meisten freut mich das Feedback danach, und das ist immer überwältigend. Wenn Leseratten abends beim Zubettgehen nicht mehr in ihr Buch schauen, sondern direkt einschlafen. Oder Kinder aufhören, ins Bett zu nässen. Mittlerweile kommen mehrere Anfragen die Woche, das freut uns natürlich sehr.“ 

Auch im klassischen Malerbetrieb ist die Nachfrage nach naturbelassenen Baustoffen gestiegen. Bei der Verwendung von Kalk- und Lehmfarben wird ein natürliches Raumklima geschaffen, das besonders in Allergikerhaushalten gern verwendet wird. Zudem ist der Puncto Nachhaltigkeit ein wichtiger Faktor, der stets mitgedacht wird: Andrè Rother bietet neben Naturmaterialien auch Fassadenreinigungen unter der Algenmax Sachsen-Thüringen eG an, wodurch Material und Kosten gespart werden können. „Wenn ein Neuanstrich nicht erforderlich ist, dann sage ich das meiner Kundschaft. Wir haben viele Möglichkeiten, was die Reinigung angeht. Mit einem speziellen Reiniger und besonderen Düsen bekommen wir auch Schwarzalge über den Fenstern weg. Deswegen geben wir auf unsere Fassadenwäsche auch 5 Jahre Garantie.“

Der gute Ruf des Meisterbetriebs hängt neben dem ausführlichen Beratungs- und Serviceangebot auch an der hervorragenden Qualität, mit der gearbeitet wird. „Das Farbnuance-Team hat einen enormen Wissensschatz und leistet großartige Arbeit. Es ist nicht einfach, so fähige Leute zu finden. Gerade jetzt, wo die Rohstoffknappheit ihre Auswirkungen zeigt, muss auf vieles geachtet werden.“, erzählt der Inhaber. „Die eine Spachtelmasse trocknet schneller, lässt sich schneller schleifen – man muss immer schauen, was für welche Prozesse geeignet ist. So haben wir Stück für Stück angefangen, unser Firmenwissen aufzubauen. Nun, bei den Produktumstellungen aufgrund der Materialengpässe, finden wir wieder viele Dinge heraus. Da muss die Rolle auf die Farbe abgestimmt werden – all solche Kleinigkeiten, die aber einen enormen Einfluss auf das Endergebnis haben.“ Aufgrund des hohen Fachwissens, das die Mitarbeitenden mitbringen müssen, bildet Andrè Rother selbst aus.

 

 

Auch Uwe Hering gibt sein handwerkliches Fachwissen an Auszubildende weiter, da diese so von der Pike auf alle Prozesse und Qualitäten beigebracht bekommen, die sie zu sehr guten Mitarbeitenden machen. „Bei uns in der Tischlerei wird niemand als Werkstattkehrer abgestellt – wir unterstützen unsere Lehrlinge mit allen Mitteln, sodass sie lernen, alles selbst zu machen. Da gibt es ein Stück Holz und eine Hobelbank und dann geht das los. Wir wurden sogar von der Handwerkskammer Dresden mit dem Attribut vorbildlicher Ausbildungsbetrieb ausgezeichnet. Darauf sind wir schon stolz.“

Der Unternehmer wollte selbst schon immer Tischler werden, weswegen er besonders viel Wert auf die Motivation und Eigeninitiative seiner Auszubildenden legt. „Ich habe schon immer gern mit Holz gearbeitet, das hat mich schon seit ich denken kann interessiert. Ich wollte mich selbstständig machen und eine eigene Tischlerei in der Scheune meiner Eltern aufmachen. Meinen Meister konnte ich zu DDR-Zeiten jedoch nicht machen, das ging dann erst nach der Wende. Danach war in Pirna eine Tischlerei zu verkaufen, die habe ich dann gekauft – und seitdem ist unser Firmensitz hier. Die Scheune mit den alten Maschinen, die ich schon für meine Selbstständigkeit gesammelt hatte, gibt es heute übrigens immer noch.“, lacht er. 

Mit 8 Mitarbeitenden und einem Azubi bekommt die Tischlerei heute genügend Aufträge aus der Region, sodass sich alles innerhalb eines Radius von 30 Kilometern schaffen lässt. Besonders die Mitarbeit an Projekten wie den Sandsteingärten freut Uwe Hering. „Die Wohnanlage ist so ein schönes Projekt für Pirna – und gerade als Pirnaer Unternehmen freut es uns, wenn man sich da mit einbringen kann und die Firmen nicht von weit her, wie so oft, bestellt werden.“

Insgesamt arbeitet die Tischlerei, genau wie der Malerbetrieb, etwa ein dreiviertel Jahr auf der Baustelle. „Eine für uns wirklich große Herausforderung war der Bestellprozess. Anfangs, als noch nichts stand, mussten alle Türen bereits bestellt werden – und es gab sehr viele Individualwünsche der Kundschaft. Die nächste Herausforderung war die Lagerung der insgesamt 658 Türen, die letztendlich in der Tiefgarage untergebracht wurden.“, erzählt der Pirnaer Unternehmer. „Mittlerweile sind bereits alle Türen verteilt und die Tiefgarage kann wieder für andere Dinge genutzt werden. Gerade als am Ende des Bauprozesses mitwirkendes Gewerk muss man sich sehr an die Zeitvorgaben halten.“

Die Kundenzufriedenheit ist Uwe Herings oberste Priorität, da er aufgrund der guten Mund-zu-Mund-Propaganda keine Werbung zu machen braucht. „Gute Qualität spricht für sich – und wir haben sehr hochwertige Möbel und Türen, die wir mit Samthandschuhen behandeln. Dabei versuchen wir, unserer Kundschaft nie etwas überzustülpen. Es geht immer darum, zu zeigen, was so geht, mit dem Ziel, dass sie viele Jahre Freude daran haben. Dafür geben wir Muster mit, es soll immer noch eine Nacht in Ruhe darüber geschlafen werden – und natürlich geben wir auch fachliche Hinweise, wenn manche Ideen aufkommen, die schwer umgesetzt werden können.“ Dennoch gibt es für die Tischlerei nichts, was nicht geht. „Wenn der Kunde kommt und ein Bett ohne Metallverbindungen haben möchte, dann machen wir uns Gedanken wie das gehen könnte. Und dann wird es umgesetzt. Mit verschiedenen Materialien, Techniken – manchmal entwickeln wir sogar extra Werkzeuge, um ein individuelles Möbelstück herstellen zu können.“

Die Vielfältigkeit der Aufträge ist für beide Gewerke Herausforderung und Freude zugleich, da immer dazu gelernt und Neues geschaffen wird – in einer Heimat, die man gern mit der eigenen Handschrift mitgestaltet und verschönert.

 

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